Weihnachten, Zeit der Träume und der Märchen. Dies gilt nicht nur für unsere Jüngsten, sondern durch alle Altersklassen hindurch bis ins hohe Alter. Märchen bringen uns längst vergessene Kinderträume zurück. Sie lassen uns noch einmal eintauchen ins Reich der Fantasie. Ob vor hundert Jahren oder heute, Träume werden nie alt und wollen immer geträumt werden. Ob wir nun mit unseren Kindern und Engeln gemeinsam, beim Licht der Kerzen, oder alleine still für uns, Märchen sind immer wieder schön.

Wird es kühler draußen und wir ziehen uns mehr in unsere Wohnungen zurück, sehnen wir uns nach einem guten Buch, nach Handarbeiten oder Basteleien. Wie war das in unserer Kindheit, als wir heimlich kleine Gaben für die Eltern oder Großeltern bastelten? Wie meinen Sie, heute werden die Ansprüche größer, da gibt man sich doch nicht mehr mit Kleinigkeiten zufrieden! Das war einmal! Wer so denkt, hat etwas Wesentliches vergessen, die wahre Freude. Ich erlebe es immer wieder, wie ehrlich und groß die Freude bei kleinen Gaben sein kann.

In diesem Sinnen wünsche ich Ihnen besinnliche Stunden beim Lesen von Märchen und Geschichten. 

In Wanjas Backstube

 

Wanja hatte seine Freunde eingeladen, morgen war der 3. Advent. Gemeinsam wollten sie für den Schulbasar Plätzchen backen. Die Rezepte hatte er selbst ausgesucht. Die Zutaten standen bereit. Gerade brachte Mutti ihre Ausstechformen. Schon bald duftete es in der Küche, das erste Blech konnte aus dem Ofen geholt werden. Oh wie gut schmeckten diese ersten, eigenen Plätzchen, dass Mutti schmunzelnd meinte: „Jungens denkt daran, dass ihr für den Basar backt und nicht nur für euch.“

Gerade läutete es an der Tür. Neugierig stürmte Wanja hin, um zu öffnen. „Oma!“ Freudig umarmte der Junge seine Großmutter. „Ich habe gehört, dass ihr heute Plätzchen backt und bringe dir noch ein paar Formen.“ Schnell schaute Wanja und verglich. „Das sind ja ganz andere Formen als die von Mutti! Das ist ja toll!“ „Die sind auch schon alt“, begann Oma zu erzählen. „Mit diesen Formen habe ich schon mit meiner Mutter Plätzchen gebacken.“

Wanja war jedoch schon zu seinen Freunden in die Küche gestürmt, um weiter zu backen. Gerne hörte er der Oma zu wenn sie erzählte, heute aber hatte er dafür keine Zeit. Als das nächste Blech aus dem Herd gezogen wurde, hob Wanja einen von Omas Sternen hoch und rief: „Seht mal, der sieht aus wie ein Weihnachtsstern.“ Kaum hatte der Junge dies ausgesprochen, leuchtete der Stern und erhellte mit seinem Schein die kleine Küche. Staunend standen die Jungen und blickten auf diesen Stern. „Ich bin ein Weihnachtsstern“, erklang jetzt eine Stimme. „Du hast mich mit der alten Sternenform ausgestochen. Wer mit dieser Form bäckt, erlebt alle hundert Jahre einmal das Wunder, dass sich einer der Sterne in einen Weihnachtsstern verwandelt. Diese hundert Jahre sind genau heute vergangen.“ Vorsichtig legte Wanja den Stern vor den Adventsstrauß. Der Stern hatte nur dies eine mal gesprochen, seinen Glanz behielt er für immer bei. Die Sternenform wurde in ein ganz besonderes Kästchen eingeschlossen. Vielleicht würde in hundert Jahren wieder ein Kind einen solchen Weihnachtsstern backen.

Auf dem Basar waren Wanjas Plätzchen die Beliebtesten. Die alten Formen hatten es den Besuchern angetan. Sie schmeckten besonders gut, meinte sie. Immer wieder wurde Wanja nach dem Rezept gefragt. Als Antwort erhielten seine Käufer die Geschichte des Weihnachtssterns als kleine Zugabe. (Christina Telker)

Die Weihnachtsnuss

 

„Endlich Ferien!“, mit jubelnden Rufen stürmen die Kinder aus den Klassenzimmern und rennen über den Schulflur. Auch Ines freut sich. Morgen geht es zur Großmutter. Das Mädchen wohnt in einem kleinen Bergdorf, wo der Schnee bereits seit Wochen meterhoch liegt. Ines liebt die Winterzeit und auf den nächsten Tag freut sie sich ganz besonders. Das erste Mal war es ihr gelungen, die Eltern zu überreden, dass sie alleine zur Großmutter gehen durfte. Im Sommer war das selbstverständlich, die Eltern wussten genau, dass ihre Tochter sich auskannte. Jetzt im Winter, sah dies jedoch ganz anders aus, so war es dem Mädchen bisher nicht erlaubt diesen Weg zum Einödhof, oben in den Bergen, alleine zu gehen.

Als Ines daheim ankam, warf sie den Ranzen in den Schrank und packte ihren Rucksack für den nächsten Tag. Nichts durfte vergessen werden. Möhren für Rehe und Hasen, Vogelfutter für ihre gefiederten Freunde, Nüsse für das Eichhörnchen. Sicher würden ihr die Tiere auf dem Weg zur Großmutter wieder begegnen, wie sonst. Als Geschenk für die Großmutter hatte sie eine Nuss golden bemalt. Seit Ines sechs Jahre alt war, schenkte sie der Großmutter jedes Jahr eine vergoldete Nuss. In jedem Jahr hatte sie die Nuss anders verziert. Die Diesjährige war mit kleinen silbernen Perlen beklebt und sah wunderschön aus.

In der kommenden Nacht konnte Ines vor Aufregung kaum schlafen. Im Traum sah sie riesige Schneeberge vor sich, aber das ängstigte sie nicht, war sie es doch gewohnt. Kaum graute der Morgen, wanderte sie los, um zum Mittag bei der Großmutter zu sein. Die Hälfte des Weges hatte sie bereits zurückgelegt, als plötzlich, wie in den Bergen des Öfteren, ein heftiger Schneesturm aufkam. So gut sie konnte, suchte das Mädchen Schutz an einem Berghang. Nach einer halben Stunde war der Sturm vorüber. Wo aber waren die eben noch sichtbaren Wege geblieben? Gleichmäßig erstreckte sich die weiße Bergwelt. Ines versuchte sich an den Bäumen und Bergen zu orientieren, die sie zu kennen meinte. Schon bald setzte sie sich erschöpft in den Schnee. „Wie soll ich nur den Weg finden“, überlegte sie. ‚Doch was war das? Flog da nicht soeben eine Elster? Nein, das musste ein Irrtum sein, diese Vögel trieben sich nur am Rande von Siedlungen herum.‘ Ines suchte in ihrem Rucksack etwas zur Stärkung. Auch die goldene Nuss nahm sie in die Hand. ‚Ob sie heute noch zur Großmutter finden würde?‘, gingen ihre Gedanken. 

‚Da war er ja wieder, dieser seltsame Vogel! Es war ja doch eine Elster, dann dürfte es nicht weit sein bis zu den Menschen!‘  Ines lockte den Vogel mit dem Futter, das sie vorsorglich eingepackt hatte. ‚Wie stelle ich es nur an, dass mir der Vogel den Weg weist‘, überlegte sie. Nun kam die Elster ganz zutraulich näher und ließ sich auf dem Rucksack des Mädchens nieder. Sie pickte jedoch nicht an dem Futter, sondern äugte immer wieder zu der Nuss hin. „Die bekommst du nicht, die ist für meine Oma“, lächelte Ines. Durch die Nähe des Vogels war Ines wieder ruhig geworden. Die Angst, die sie zu erfassen drohte, war verschwunden. Immer wieder pickte die Elster nach der Nuss. „Gut“, meinte jetzt das Mädchen, „du zeigst mir den Weg und ich schenke dir die Nuss.“ Als ob der Vogel verstanden hätte, erhob er sich in die Lüfte. Schnell stand Ines auf und setzte ihren Weg fort, immer dem Vogel folgend. Schon nach einer Weile sah sie in der Ferne das Dach eines Bauernhauses. „Danke, kleine Elster. Du hast mir das Leben gerettet! Hier hast du die begehrte Nuss.“ Was man verspricht, hält man auch, sagte die Mutter stets. Ines legte die Nuss in den Schnee. Schnell kam der Vogel geflogen, nahm die Nuss in den Schnabel, erhob sich in die Lüfte und flog eine Runde über dem Kopf des Mädchens, als ob er ‚danke’ sagen wollte. Mit etwas Verspätung erreichte Ines den Einödhof der Großmutter. Glücklich lagen sich beide in den Armen.

Nach dem Essen berichtete Ines der Oma von der seltsamen Begegnung mit der Elster. „Nun habe ich kein Weihnachtsgeschenk für dich und in diesem Jahr war meine Nuss besonders schön gelungen“, schloss sie ihre Erzählung. „Das ist nicht schlimm, mein Kleine! Viel wichtiger ist, dass du den Weg zu mir gefunden hast!“

Als zum Fest auch noch die Eltern den Hof der Großmutter erreichten, war die Freude groß. Voll Dankbarkeit gedachten sie der kleinen Elster. (Christina Telker)

Die kleine Tanne

 

Es stürmte, dicht fiel der Schnee in Flocken vom Himmel. „Gerd, kommst du mit, wir müssen noch einen Baum fürs Fest holen?!“ „Natürlich komme ich mit, darauf freue ich mich doch schon die ganze Adventszeit!“ jubelte der Junge und rannte zum Vater. „Na dann wollen wir mal, zieh dich warm an, es ist kalt draußen, zieh die Mütze fest über die Ohren bei dem Schnee!“ „Klar Papa, weiß ich doch!“ Beide machten sich auf den Weg in den Wald. Gerd wohnte mit seinen Eltern am Waldrand, deshalb gehörte es für die Beiden zur Selbstverständlichkeit sich in der letzten Minute, also am Morgen des Heiligen Abend einen Baum aus dem Wald zu holen und nicht wie andere Leute vom Weihnachtsmarkt. Gerd hatte von seinen Klassenkameraden gehört, dass sich einige sogar einen künstlichen Tannenbaum in die Stube stellten. Der wurde nach dem Fest zusammengelegt und konnte im nächsten Jahr wieder aufgestellt werden. So etwas konnte sich Gerd kaum vorstellen. Eine echte Tanne musste aus dem Wald geholt werden, war seine Meinung. Nun ging es also los.

Der Schnee lag recht hoch, da es in den letzten Tagen häufig geschneit hatte. Der Vater ging voran und Gerd folgte in seinen Fußspuren. Quer durch den Wald liefen die Beiden, da sie sich hier gut auskannte. „Schau mal Gerd, wollen wir den dort nehmen?“ „Schön gewachsen ist er, aber ein bisschen größer könnte er schon sein“, meinte Gerd. „Also suchen wir weiter“, gab der Vater zu. „Papa, der da gefällt mir gut“, machte Gerd seinen Vater auf einen anderen Baum aufmerksam. Gerade wollte der Vater die Axt ansetzen als ein Ruf ertönte „Nein bitte nicht! Hilfe!“ „Was war das?“ Gerd schaute sich nach allen Seiten um. „Was hast du?“, erkundigte sich der Vater. „Hast du nicht gehört, dass hier jemand um Hilfe rieft“, erklärte Gerd seinem Vater. „Nein, ich habe nicht gehört, und nun wollen wir uns beeilen, damit wir vor dem Mittag wieder zu Hause sind.“ Wieder holte der Vater mit der Axt aus und wollte zuschlagen. Wieder ertönte der Hilferuf. „Vater, hier stimmt etwas nicht, komm lass uns weiter gehen“,  drängte jetzt Gerd, dem dies unheimlich war. „Ich weiß wirklich nicht, was du heute hast, aber wenn du unbedingt willst, gehen wir weiter“, stimmte der Vater zu. Eigentlich war er jetzt schon recht sauer, aber heute war ja Weihnachten und da wollte er sich nicht mit seinem Jungen streiten. „Danke“, ertönte jetzt eine Stimme. Weiter suchten Vater und Sohn nach einer Tanne.

„Dann nehmen wir den hier“, entschied der Vater nach einer Weile. „Ich will endlich nach Hause, Mutter hat heute viel zu tun, sie braucht unsere Hilfe!“ Natürlich leuchtete dies Gerd ein, aber so richtig Freude hatte er nicht mehr daran, einen Weihnachtsbaum aus dem Walde zu holen. Die Axt hätte fast zugeschlagen, als Gerd sich an Vaters Arm hing „Nein Vater, auch die Tanne kann es nicht sein! Hast du denn nicht gehört, wie sie um Hilfe rief und um ihr Leben bat!“ „Also Sohn, ich glaube, du wirst krank und das noch zum Fest, denn jetzt fängst du an zu spinnen!“ Besorgt faste der Vater Gerd an die Stirn, um zu sehen, ob er Fieber hätte. In dem Moment hörte aber auch der Vater, wie ein Säuseln im Wind. „Ich bat um mein Leben, ich, die Tanne. Am Heiligen Abend gibt uns die Waldfee die Gabe zu sprechen. Bitte lasst uns am Leben!“ „Was soll denn das?“, der Vater drehte sich nach allen Seiten um. „Der Wind braust heute so doll, dass man glaubt, die Bäume könnten sprechen.“ „Wir können sprechen!“ Die Tanne hatte allen Mut zusammen genommen, schließlich ging es um ihr Leben. „Viele Jahre brauchen wir, um diese Größe, wie ich sie jetzt habe, zu erreichen. Wind und Wetter müssen wir widerstehen. Im Winter der Kälte und im Sommer der Hitze. Wir freuen uns des Lebens und dann zur Weihnachtszeit kommen die Menschen, um uns für ein paar Tage zu sich in die Stuben zu holen. Danach landen wir auf dem Boden oder im Ofen. Dabei blieben wir so gerne hier im Wald. Einige von uns freuen sich sogar ein Weihnachtsbaum zu werden. Sie glauben nicht, dass dieser Glimmer nur ein paar Tage dauert. Am Heiligen Abend gibt uns die Waldfee die Möglichkeit zu reden. Kommt dann noch ein Mensch, um uns unser Leben zu nehmen, können wir uns wehren! Sicher findet ihr noch einen Baum, aber bitte lasst mich im Wald!“ Staunend hatten Vater und Sohn der Tanne zugehört. „Ich habe viel von dir gelernt“, sagte nun der Vater, „ich fahre jetzt in die Stadt und sehe zu, ob ich noch einen Baum bekommen und ich verspreche dir, nie wieder werde ich einen Baum von euch selbst abholzen!“ „Danke und ein Frohes Fest“, säuselte die Tanne und sah den Beiden dankbar hinterher. „Heute habt ihr bestimmt einen besonders schönen Baum mitgebracht, ihr wart recht lange fort“, empfing sie die Mutter schon auf dem Flur.  „Mutter erschrick nicht, wir haben gar keinen Baum, aber ich hole sofort einen.“ Vater griff nach seinem Autoschlüsseln und war auch schon aus der Tür. „Was soll das?“, fragte die Mutter nun ihren Sohn und Gerd erzählte ihr, was sie erlebt hatten. Nachdenklich betrachtete die Mutter Gerd und meinte: „Sicher hätten wir schon öfter einen Baum vom Markt holen sollen.“ Am Abend stand ein geschmückter Baum im Zimmer und alle dachten an die Bäume im Walde, die sich dort ihres Lebens freuten. (Christina Telker)

 

 

Klein Wichtels Weihnachtsfest

„Es werden immer mehr Geschenke! Die vielen Wünsche der Menschen sind kaum noch zu erfüllen! Wie soll ich das nur alles auf den Schlitten bekommen?“, stöhnte der Weihnachtsmann und betrachtete das schwer beladene Fahrzeug. „In diesem Jahr werden es die Rentiere besonders schwer haben, sich mit uns in die Lüfte zu erheben.“ Der Alte ging noch einmal um den Schlitten herum und prüfte, ob auch alle Päckchen und Pakete gut und fest verschnürt waren. Dann stieg er selbst auf, legte sich eine warme Decke um und gab den Rentieren zu verstehen, dass die Reise zu den Menschen losgehen könne.

Vom hohen Norden kommend, ging der Flug über viele Länder, selbst dem Christkind begegneten sie, das nach Schweden zu Lucia unterwegs war. Jetzt waren sie direkt über Wichtelhausen. Nur noch ein kurzes Stück und sie hatten die Erde erreicht und konnten zur Landung ansetzen.

Plötzlich gab es einen Ruck, eins der Päckchen war an einem Sternenzacken hängengeblieben. Der Schlitten kam ins Schwanken und im Nu purzelten alle Geschenke dem Wichtelland zu. Der Weihnachtsmann konnte sich gerade noch festhalten, um nicht selbst vom Schlitten geworfen zu werden. Die Rentiere überschlugen sich fast, da ihre schwere Last plötzlich verloren ging. „Sofort landen!“, rief der Weihnachtsmann ihnen zu. So kam es, dass die Rentiere bei den Wichteln landeten, anstatt bei den Menschen.

„Es regnet Geschenke!“, riefen die kleinen Wichtel und kamen aus ihren Häusern gelaufen. In dem Moment hielt jedoch auch schon der Schlitten des Weihnachtsmannes kurz vor ihnen an. Erschreckt blieben die Wichtel stehen. „Ich brauche eure Hilfe!“, rief der Weihnachtsmann auch schon und sprang vom Schlitten. Nun erzählte er von seinem Auftrag und davon, dass die Geschenke keineswegs für die Wichtel seien. „Wir müssen uns beeilen, damit ich zur rechten Zeit bei den Menschen bin“, schloss er seine Erklärungen ab. So schnell sie konnten, packten die Wichtel mit an. Einige Pakete waren durch den Aufprall entzweigegangen. So hieß es, vieles neu zu verpacken. Noch ehe der Morgen graute, war der Schlitten neu beladen und alles gut verschnürt. Müde, aber froh lächelte der Weihnachtsmann und ließ die Rentiere zu einem zweiten Flug ansetzen. In der Eile konnte er jedoch nicht jedes Paket einzeln prüfen und so geschah es, dass ein kleiner Wichtel sich zwischen den Paketen versteckt hatte. Schon lange wünschte er sich einmal zu den Menschen zu kommen.

Gerade kam Tom mit seinen Eltern aus der Kirche. „Ob der Weihnachtsmann schon da war?“ Aufgeregt zog er an Mutters Hand, er konnte nicht schnell genug nach Hause kommen. „Einmal möchte ich den Weihnachtsmann mit seinem Schlitten sehen“, überlegte er laut. „Ja, Tom, der Weihnachtsmann lässt sich nur ganz selten sehen. Aber vielleicht klappt es einmal“, tröstete der Vater.

Schnell beruhigte sich der Junge durch den Anblick des Christbaums und die Geschenke darunter. Gemeinsam sang die Familie ein Weihnachtslied und dann, dann kam der große Moment und Tom packte ein Päckchen nach dem anderen aus. Sein Jubel nahm kein Ende. Dort das schöne große Puzzle hatte er sich schon lange gewünscht. Und was stand dort? Ein Fahrrad! Am liebsten wäre er gleich eine Runde gefahren, doch verschob er dies auf den nächsten Tag. Durch die Vielfalt der Eindrücke kam es, dass Tom fast ein Päckchen übersah, das noch unter dem Tannenbaum lag. Eben hatte er es entdeckt und stürzte darauf los. „Ein ferngesteuertes Auto, danke lieber Weihnachtsmann!“, rief er voll Begeisterung. In seiner Aufregung übersah er, dass im Auto jemand saß. Ganz still verhielt sich der kleine Wichtel. Erst als sich die Menschen zur Ruhe begeben hatten, öffnete er die Autotür und kam heraus. Vorsichtig sah er sich in seiner neuen Umgebung um. Wipp, so hieß der Kleine, kostete von den Plätzchen auf dem bunten Teller, nippte am Weinglas, das Vergessen auf dem Tisch stand und dachte: ‚Wie schön ist doch die Menschenwelt!‘ Gerade wollte er zu dem Auto, in dem er gekommen war, um sich auf den Sitzen schlafen zu legen, als er wie von Geisterhand eine Ohrfeige bekam. Wie betäubt schüttelte er sich, da klatschte es schon von der anderen Seite an seinen Kopf. Wipp, fiel um und blieb liegen. Mauzi, die Hauskatze, beschnüffelte ihren Fang. „Was ist das? Eine Maus ist es wohl nicht? Ob man es fressen kann?“ Mauzi legte den Kopf mal nach rechts und mal nach links, schnüffelte noch eine Weile und entschied sich dann, dieses seltsame Wesen doch nicht zu fressen.

Als sich Wipp erholt hatte, fand er die Menschenwelt gar nicht mehr so schön. ‚Ist doch recht gefährlich‘, war jetzt sein Eindruck. ‚Wie komme ich nur wieder ins Wichtelland?‘, überlegte er angestrengt und fand keinen Ausweg.

Tom konnte vor Aufregung nicht schlafen in dieser Nacht. Er kletterte aus seinem Bett und schlich sich aus dem Zimmer, um noch einmal nach seinen neuen Spielsachen zu sehen.  Im Mondlicht sah er den kleinen Wichtel stehen, als er das Zimmer betrat. ‚Träume ich?‘, fragte sich Tom. Doch dann hatte er den kleinen Wichtel auch schon in der Hand. „Bitte, bitte lass mich los“, bat dieser. „Ich tu dir doch nichts“, tröstete Tom. „Sag mir erst mal wer du bist!“ Nun erzählte Wipp dem Jungen seine Geschichte.

„Du brauchst nicht traurig zu sein. Ich werde für dich sorgen und im nächsten Jahr, wenn der Weihnachtsmann kommt, nimmt er dich mit zurück ins Wichtelland“, schlug Tom vor. „Nun gehen wir aber erst einmal schlafen.“ Wipp, kuschelte sich zu Tom ins Bett und träumte von seinen Erlebnissen.

Viel zu schnell verging den beiden das Jahr und es

hieß Abschied nehmen. Wipp bedankte sich bei seinem Retter für die Gastfreundschaft, die er gerne noch eine Weile genossen hätte. Im Wichtelland erzählte er allen, wie freundlich die Menschen sind. (Christina Telker)