unbenannt---1-3Wenn die Weihnachtssterne leuchten

 

Viel zu schnell war für die meisten Erwachsenen das letzte Jahr wieder vergangen. Schon stand man vor dem ersten Advent. Einen gab es jedoch, der sich ganz besonders auf diesen Tag freute und das war Jörg. Bisher durfte er der Mutter zwar in jedem Jahr zur Hand gehen, wenn die Wohnung wieder für die Adventszeit geschmückt wurde, in diesem Jahre durfte er selbständig den Herrnhutern zusammensetzen, das hatte die Mutter ihm fest versprochen. In diesem Jahr wollte sie diejenige sein, die ihm die Klemmen für den Zusammenhalt des Sterns zureichen würde. Mehrmals hatte sich der Junge in den letzten Tagen die Aufbauanleitung angesehen. Es konnte gar nichts schiefgehen. Als der Vater am Abend vom Dienst heimkam, hing der Stern bereits. Als Belohnung versprach ihm der Vater, am ersten Advent bei Einbruch der Dämmerung mit ihm durch die Straßen der Stadt zu gehen. Jörg war schon gespannt, wo überall Sterne in den Fenstern leuchten würden. Vor allem war er aber auch gespannt, wo noch ein Herrnhutstern zu sehen sein würde, so wie bei ihnen daheim.

Am nächsten Tag konnte er es kaum erwarten, bis endlich die Dämmerung einsetzte. Der Junge musste feststellen, dass nicht alle Sterne leuchteten, manche waren filigran aus Holz geschnitzt oder aus Transparentpapier gebastelt. Als die Familie schon fast den Ortsrand erreicht hatte und der Vater zur Umkehr mahnte, da die Kälte sich bereits heftig bemerkbar machte, konnte es Jörg kaum glauben, dass er in keinem der Fenster einen Herrnhutstern gefunden hatte. So ließ sich der Vater überreden, noch diese kleine Straße zu durchstreifen. Hier am Ortsrand standen nur ein paar kleine Einfamilienhäuschen, nicht unbedingt alle neu renoviert. Plötzlich jubelte der Junge auf: „Da, da, seht ihr ihn? Da leuchtet ein Stern, genau wie bei uns daheim!“  ‚Oh, wie sieht nur der Vorgarten aus? Wann ist hier wohl das letzte Mal Hand angelegt worden?‘, dachten die Eltern so bei sich, ohne dem Jungen jedoch seine Freude zu verderben. Eine Weile stand Jörg stumm vor diesem kleinen Fenster, dann fragte er seine Eltern, obwohl er schon mit einer Absage rechnete: „Darf ich mal kurz läuten und den Bewohnern sagen, dass auch wir solch einen Stern haben?“ Die Eltern sahen sich an. Zum einen wollten sie ihrem Jungen die Freude nicht verderben, zum anderen fragten sie sich, was sich hinter dieser Fassade wohl für Menschen verbergen würden. Schließlich gaben sie ihre Zustimmung.

Jörg drückte auf den Klingelknopf und wartete. Nach einer Weile öffnete sich die Tür und eine vom Alter gebeugte Frau öffnete verwundert. „Ich wollte nicht stören“, begann der Junge. „Wir haben einen Spaziergang durch die Stadt gemacht, um zu sehen, wo, welche Sterne leuchten. Nur hier haben wir diesen Stern gefunden, wie bei ihnen. Genau so einen Stern habe ich gestern zusammengebaut, er leuchtet in unserem Wohnzimmer.“ Die alte Frau hatte aufmerksam zugehört, dann sagte sie: „Diesen Stern habe ich schon viele Jahrzehnte. Bereits als meine Kinder noch klein waren, leuchtete er zum ersten Advent in unserem Haus. Jetzt sind die Enkel längst erwachsen“, endete sie. „Aber ich freue mich immer über Gäste. Wenn ihr hereinkommen möchtet, würde ich mich freuen.“ Die Eltern sahen sich an, dann überwanden sie die Scheu und traten in die kleine Hütte ein. Reinlich und sauber sah es in dem winzigen Wohnzimmer aus. Auf einem kleinen Tischchen in der Ecke stand ein Adventskranz.

„Schon lange kann ich meinen Garten nicht mehr bearbeiten“, sagte die alte Frau entschuldigend. „Den Herrnhutstern hängt mir in jedem Jahr der Postbote auf, um mir eine Freude zu machen. Meine Kinder und Enkel wohnen weit weg und lassen sich nur sehr selten sehen.“ „Das wird sich ab jetzt ändern“, ergriff zuerst der Vater das Wort. „Im Frühjahr bringe ich ihren Vorgarten gerne in Ordnung, damit sie sich wieder am Blühen der Blumen erfreuen können.“ „Das würden sie wirklich tun?“ Die alte Frau konnte ihr Glück noch gar nicht fassen, dass so unverhofft bei ihr vorbeikam. Eigentlich nur durch den Stern am Fenster angelockt. „Wenn du möchtest, kannst du mich gerne einmal besuchen kommen“, lud die alte Frau, die sich als Frau Gräbe vorgestellt hatte, den Jungen ein. Und ob Jörg wollte, gerne nahm er das Angebot an, war er doch oft am Nachmittag alleine, weil seine Eltern bis zum Abend arbeiteten. Aus Frau Gräbe wurde sehr bald Oma Gräbe. Den ersten Weihnachtsfeiertag holte der Vater sie ab zu sich nach Hause. So feierten sie gemeinsam das Christfest. Für Jörg war der Herrnhutstern sein Leben lang der schönste Stern, hatte er ihm doch direkt ins Herz geleuchtet.

 sternchen

Mehr Licht am Himmel

 

Wieder einmal nahte die Adventszeit. Vater Mond hatte wie in jedem Jahr seine Sterne zur großen himmlischen Versammlung gebeten. An diesem Tage herrschte stets besondere Aufregung am Nachthimmel. Was würde es Neues geben? Wer darf wohl in diesem Jahr der Weihnachtsstern sein und für diese eine Nacht eine besondere Leuchtkraft erhalten? Je näher die Zeit des Treffens rückte, umso lauter wurde das Wispern, dass man es fast bis zur Erde hörte. Hier nahm man es jedoch nur, als ein leises Rauschen des Windes wahr. Als Vater Mond dann zu reden begann, herrschte himmlische Stille. Alles lauschte seinen Worten.

Als alle Ämter neu verteilt waren, wobei man hier und da zustimmend nickte und auch manches Murren vernahm, meldete sich ein kleiner Stern aus dem Hintergrund zu Wort. „Was gibt es?“, forderte Vatermond den Kleinen zum Sprechen auf. Etwas schüchtern begann der Kleine seine Rede: „Vater Mond, wir brauchen mehr Licht!“ Verdutzt sahen sich alle an. Was nahm sich dieser Neuling heraus? Seit Millionen von Jahren leuchteten die Sterne Nacht für Nacht am Himmel und waren mit ihrer Leuchtkraft ganz zufrieden. Nie wäre einer von ihnen auf die Idee gekommen, mehr Licht zu fordern. In die bisherige Stille, kam Bewegung. Es wurde heftig diskutiert. „Kannst du deine Forderung begründen?“, erkundigte sich nun Vater Mond freundlich, wobei wieder Stille eintrat. „Von der Erde leuchtet uns mehr und mehr Licht entgegen“, setzte der kleine Stern seine Rede fort. „Jahr für Jahr wird es dort unten heller. Es gibt kaum noch Gegenden, in denen es nachts dunkel ist. So werden wir Sterne immer weniger wahrgenommen. Wenn das so weitergeht, wird uns in ein paar Jahrzehnten kein Mensch mehr sehen, geschweige denn von uns reden.“ Plötzlich vernahm man die Stimme des Weihnachtssterns, der vor über zweitausend Jahren über Bethlehem sein Licht ausstrahlte. „Auch mich würde man heute nicht mehr wahrnehmen, vermute ich, denn der Kleine hat recht. Es ist keine Freude mehr, nachts auf die Erde zu schauen. Früher brauchten uns die Menschen, wenn sie des Nachts in der Dunkelheit unterwegs waren. Wir zeigten ihnen den Weg. So wie ich den drei Weisen und den Hirten den Weg zu Krippe zeigte. Die Menschen sahen in den Himmel, wenn sie sich nachts orientieren wollten. Das können sie heute nicht mehr, weil wir kaum noch wahrnehmbar sind.“ Alle hatten aufmerksam zugehört und nickten nun zustimmend. „Da ist viel Wahres dran“, antwortete jetzt Vater Mond. „Auch ich habe dies schon lange mit Bedauern festgestellt. Mir ist jedoch auch keine Lösung eingefallen.“ Schweigen breitete sich am Nachthimmel aus. Wie aus dem Nichts vernahmen alle plötzlich eine leise Stimme: „Ich könnte Frau Sonne fragen, ob sie euch Licht spendet. Sie hat soviel davon, dass die Menschen sich vor ihr schützen müssen. Ich könnte das Licht zu euch bringen. Am Tage treffe ich sie, wobei sie mir einen kleinen Teil ihrer Leuchtkraft übergeben könnte und des Nachts gebe ich dieses Licht an euch weiter.“ Alle sahen sich um, wer hatte da gerade mit ihnen gesprochen? Die Idee war nicht schlecht, aber wäre sie durchführbar? Nun wollte es Vater Mond jedoch auch wissen: „Wer bist du?“, fragte er in die Nacht hinein. „Ich bin die kleine Wolke, die jede Nacht an euch vorbei am Himmel ihre Bahn zieht.“ „Willkommen, kleine Wolke“, sprach Vater Mond. „Deine Idee hört sich gut an, aber ob Frau Sonne einverstanden ist und ob dir der Transport gelingt, das müssen wir abwarten. Danke für deinen Vorschlag. Wir werden es versuchen“, entschied Vater Mond. Stolz machte sich die kleine Wolke auf den Weg zur Sonne. Sie hatte soeben eine Aufgabe erhalten, die keiner Wolke vor ihr jemals zuteilwurde.

Spannung und Freude herrschte unter den Sternen. Würde die Wolke es schaffen und in ein paar Jahren mit Licht gefüllt wieder bei ihnen einkehren? Es war eine schwere Aufgabe und ein weiter Weg, den sie zurückzulegen hatte.

Da wir so lange nicht warten können, können wir nur jeden Abend in den Himmel sehen, ob die Sterne vielleicht irgendwann etwas heller leuchten. Entdecken wir einmal eine hellleuchtende Wolke am Abendhimmel, dann wissen wir, dass sie gerade auf dem Weg zu den Sternen ist, um ihnen das Licht der Sonnen zu bringen.

st113

 

Zeit der Sterne

 

Silbern glänzte der Schnee in der Dunkelheit, als Ina mit ihrem Vater den Heimweg antrat. Wie jeden Samstag waren sie bei der Großmutter zum Kaffee gewesen. Ina genoss die Stunden bei der Oma, die stets so schön zu erzählen wusste.

Sternenklar strahlte der Himmel. Die Sichel des Mondes ließ das Mädchen in Träume versinken. Gerne ging Ina mit ihrem Vater spazieren. Ganz besonders liebte es sie, wenn er zur Winterzeit mit ihr die Sterne betrachtete. Vieles hatte sie schon von ihm lernen können. Der Vater erklärte ihr den Großen Wagen, die Milchstraße und was es sonst noch in einer sternklaren Nacht zu entdecken gab.

Stets nach dem Sandmann hieß es für die Kleine ins Bett zu gehen. Die Eltern erzählten noch eine kurze Geschichte und sprachen das Abendgebet mit ihr, dann wurde geschlafen. Die Eltern achteten auf ausreichend Schlaf, damit am Morgen der neue Tag frisch und fröhlich beginnen konnte. Darum freute sich Ina ganz besonders auf die Weihnachtszeit mit ihren, oft klaren Sternennächten. Schon zeitig wurde es dunkel und wenn sie dann nach dem Abendessen noch mit dem Vater ins Freie gehen konnte, um in die Sterne zu schauen, war das für sie das Größte überhaupt.

Zwischen dem Mädchen und Ihrem Vater gab es ein besonderes Band, das war die Natur. Jede freie Minute nutzten die beiden für gemeinsame Spaziergänge in Feld und Wald.

Kam jedoch der Winter mit seinen Sternennächten, konnte Ina nicht genug davon bekommen. Heute erklärte ihr der Vater das Bild vom großen und kleinen Bären. Ina kam aus dem Staunen nicht heraus. „Wie wunderbar Gott doch die Welt geschaffen hat“, staunte sie ehrfurchtsvoll. „Ja, meine Kleine“, stimmte der Vater zu. „Alles ist wohlbedacht, vom kleinsten Grashalm bis zum Sternenzelt. Alles steht im Zusammenhang.“ Noch lange sahen beide auf ihrem Heimweg in die Sterne, die besonders zur Weihnachtszeit so hell und klar erstrahlten.

Als das Mädchen dann abends in ihrem Bett lag, träumte sie, wie sie, mit dem kleinen Bären im Arm, im großen Wagen saß und die Milchstraße entlang fuhr. Um sie herum glitzerte das Sternenmeer.

Der Weihnachtsstern

 

„Mutti, gibt es den Weihnachtsstern?“, fragte Klaus beim Schlafengehen seine Mutter. „Selbstverständlich gibt es den Weihnachtsstern. Er wies den Hirten und Königen den Weg zur Krippe.“ „Ich möchte auch mal den Weihnachtsstern sehen. Er muss so schön gewesen sein, wenn alle ihm folgten.“ „Schlaf jetzt erst einmal, mein Kleiner. Es ist schon spät. Morgen musst du wieder früh in den Kindergarten. Die Mutti gab ihrem Jungen noch einen Kuss und überlegte, wie sie ihm am besten den Weihnachtsstern erklären könnte.

Am nächsten Morgen im Kindergarten, saßen wieder alle nach dem Frühstück im Kreis, als Beate, die Erzieherin, zu erzählen begann. Sie erzählte die Weihnachtsgeschichte. Nur noch wenige Tage, dann war Weihnachten. Als sie bei ihrer Erzählung beim Stern angekommen war, dachte Klaus bei sich, ‚ich möchte einmal den Weihnachtsstern sehen‘. Auch wenn Klaus sonst um jede Minute kämpfte, die er länger aufbleiben durfte, so zog es ihn förmlich heute ins Bett. ‚Heute würde die Mutti etwas Zeit für mich haben, wenn ich mich beeile‘, dachte er bei sich. So war es dann auch. Mit einem Schmunzeln beobachtete die Mutter ihren Sohn, brachte ihn zu Bett und setzte sich zu ihm. „Ich habe deine Frage von gestern Abend nicht vergessen“, begann die Mutter ihre Erzählung. „Gibt es denn nun den Weihnachtsstern, Mutti“, wiederholte Klaus seine Frage vom Vorabend. „Ja, natürlich gibt es den Weihnachtsstern. Damals in Bethlehem stand er direkt über dem Stall. Er leuchtete so hell, dass Hirten und Könige und alle anderen Gäste, die damals im Stall zu Bethlehem ihre Gaben darbrachten, durch ihn den Weg zur Krippe finden konnten.“  „Ja, damals“, gab Klaus zu bedenken. „Aber wo ist der Weihnachtsstern geblieben, wo ist er heute?“ „Das ist so“, setzte die Mutter ihre Erzählung fort. „Der Stern war ein Weihnachtsstern. Es war seine Aufgabe, Jesu Geburt anzuzeigen, damit die Menschen den Weg zum Stall fanden. Damals wusste noch keiner von dem Kind in der Krippe. Die Könige erfuhren in ihren Träumen vom Kind in der Krippe, das der neue König sein sollte. Den Hirten auf dem Felde verkündigten es die Engel. Der Stern aber führte alle zur Krippe. Das Kind konnte jedoch nicht immer im Stall in der Krippe bleiben und so war die Aufgabe des Weihnachtssterns erfüllt. Er wurde blasser und blasser, bis er wie alle anderen Sterne aussah. Jesus wurde größer, du kennst die Geschichten aus der Bibel. Er wurde ein Mann. Viele Menschen kamen zu ihm und kamen zum Glauben. Als er eines Tages, wir feiern es heute als Himmelfahrt, wieder zu seinem Vater ging, waren seine Jünger beauftragt, die Botschaft weiterzugeben. Sie erzählten die Botschaft vom Kind in der Krippe weiter. Die Botschaft, dass Jesus für uns gestorben und auferstanden ist. Auch heute erzählen wir es noch weiter. Ob es nun die Eltern, Großeltern oder Lehrer sind. Der Weihnachtstern, war der Erste, der den Menschen den Weg zum Kind in der Krippe zeigte. Heute leuchten die Sterne in keiner Nacht so hell und klar wie in der Christnacht. Sie erinnern uns heute noch an das Kind in der Krippe in Bethlehem.“ „Das hast du aber schön gesagt, Mutti. Das werde ich morgen gleich Beate erzählen, vielleicht kennt sie die Geschichte noch nicht und so kann auch ich es weitersagen. Die Botschaft vom Kind in der Krippe.“ „Tu das, mein Sohn“, sagte die Mutti und streichelte ihrem Sohn übers Haar. „Jetzt schlaf erst einmal gut und träum etwas Schönes. Gute Nacht.“ Leide sing die Mutter hinaus und löschte das Licht. Durch das Fenster sah ein Stern zu Klaus ins Zimmer.

 

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