Gehen wir in der Adventszeit durch die Straßen unserer Stadt, leuchten uns von überall Weihnachtssterne entgegen. Aus den unterschiedlichsten Formen und Materialien strahlen sie uns an. Die meisten sind wunderschön und treffen unser Herz, um ihm Freude zu senden.
Auch vor über 2000 Jahren war es ein Stern, der die Aufmerksamkeit der Menschen auf sich zog. Der Stern, über dem Stall von Bethlehem. Seien es nun die Hirten, die sich am Stern orientierten, nachdem die Engel ihnen die Botschaft gebracht hatten vom Kind in der Krippe oder die Könige, die von diesem besonderen Stern geführt wurden. Dieser Stern tat die Geburt eines Kindes kund, eines Kindes in einer Futterkrippe, im Stall liegend, weil sich kein Raum in der Herberge für die hochschwangere Mutter und den Vater des Kindes fand.
Heute ist unter Christen ganz besonders der Herrnhutstern, ein Stern, der uns durch die Weihnachtszeit begleitet. Auch mich begleitete dieser Stern seit meiner Kindheit, über Jahrzehnte hinweg. Eine Adventszeit ohne diesen wunderbaren Stern, der einst 110 Zacken trug und im Hof der Brüdergemeinde bereits 1821 leuchtete, verkündet jedes Jahr neu, die Geburt Jesu und erinnert uns an den Stern von Bethlehem.
Aber auch Engel haben in dieser Zeit Hochkonjunktur. Schillernd, glitzernd, aus Glas, Keramik oder Holz lächeln sie uns aus Fenstern und Schaufenstern entgegen. In fast jedem Haus finden wir zur Weihnachtszeit mindestens einen Engel. Oftmals vergessen wir dabei, dass Engel keine Nippes sind, sondern Gottes Boten.
Auf diesen Weihnachtsseiten treten Engel in besinnlich, humorvoller Weise auf. Nicht immer ganz ernst zu nehmen und doch mit sichtbarem Hintergrund. Heißen wir sie Willkommen in unseren Stuben, in der Weihnachtszeit, vielleicht auch das Jahr über in unseren Herzen.
In diesem Sinne wünsche ich uns allen eine gesegnete Weihnachtszeit
Eure Christina Telker
Weihnachten bei Familie Maus
„Bald ist Weihnachten“ piepste Mutter Maus ihren Kindern. „Weihnachten - was ist das?“ fragte Graufellchen. „Weihnachten ist: Schlemmen ohne Ende, ist Gänsebraten, sind Bockwürste mit Kartoffelsalat, sind Plätzchen und Pfefferkuchen. Weihnachten ist – Friede auf der Welt.“ „Uih, soviel auf einmal?!“ staunte Weißschwänzchen und leckte sich ihr Schnäuzchen. „Ja, soviel auf einmal! Weihnachten ist ein Fest, wo wir Mäuse nicht lange suchen müssen. Die Speisekammer ist gefüllt mit den schönsten Leckereien. Bunte Teller stehen in den Zimmern herum mit den feinsten Backwaren. Morgen wenn die Menschen schlafen, nehme ich euch mit, dann zeige ich euch wo diese Leckereien zu haben sind und ihr könnt euch so richtig satt essen.“ Das war ein freudiges Gepiepse. Die kleinen Mäuse konnten kaum den nächsten Tag erwarten. Immer wieder drängelten sie und fragten die Mutter, ob man es nicht schon mal wagen könnte in eins der Zimmer zu schauen. Endlich war es so weit. Jedes Mäuschen stürmte in eine andere Richtung, jedes fand seinen Teller oder sein Schüsselchen, an dem es sich so richtig laben und den Bauch voll schlagen konnte. Piepsi tat schon der Bauch weh vom vielen naschen, aber sie hatte immer noch nicht genug. Sie dachte, in anderen Räumen noch Besseres zu finden. Nun hatte der Wind die Tür zugeschlagen und Piepsi suchte krampfhaft nach einem Ausgang, ohne ihn zu finden.
Plötzlich trat das Schlimmste ein, was einer Maus passieren kann. In ihrer Suche nach dem Ausgang hatte sie nicht bemerkt, dass sie schon längst beobachtet wurde. Sich den Bart putzend saß Minka, die Stubenkatze, vor ihr. Piepsi zitterte am ganzen Leibe und sah ihr letztes Stündlein gekommen. So hatte sie sich Weihnachten nicht vorgestellt. Minka kam näher, streckte Piepsi die Pfote entgegen und maunzte „Frohe Weihnachten“. Es war genau Mitternacht, wo alle Tiere am Weihnachtsabend sich verstehen. „Fröhliche Weihnachten“ piepste die Maus. “Weißt du vielleicht wo hier der Ausgang ist?“ Piepsi hatte allen Mut zusammen genommen. „Natürlich, hier“ antwortete die Katze und schlich zur Tür. Sie drückte mit dem Kopf gegen eine kleine Luke in der Tür, die sich öffnete. „Danke“ piepste die Maus und eilte so schnell sie ihre kleinen Beine tragen konnten davon. „Das schönste an Weihnachten ist doch der Friede auf der Welt“ dachte sie noch beim einschlafen. Christina Telker
Vom Stern der von Weihnachten erzählte
Gerade hatte die Mutti Jürgen ins Bett gebracht. Mit seinem neuen Teddy, den er heute Abend unter dem Christbaum vorfand, kuschelt er sich auf die Seite und lässt seinen Blick durch das Fenster zum Abendhimmel wandern. Seine Gedanken sind noch mit dem Erlebten des Weihnachtsabends beschäftigt. ‚Was war es nur für ein schöner Abend‘, dachte Jürgen bei sich, ‚schade, dass es nur einmal im Jahr Weihnachten ist.‘ „Schläfst du schon?“, erkundigt sich die Mutter leise an der Kinderzimmertür. Da keine Antwort kommt, schließt sie leise die Tür. Jürgen ist viel zu sehr mit seinen Gedanken beschäftigt und schon sehr müde, so ließ er es heute widerstandslos geschehen, dass die Mutter die Tür schloss. ‚Träumen ist doch etwas sehr Schönes‘, denkt der Junge gerade noch, als ihm ein Stern am Himmel auffällt, der ganz besonders hell leuchtet.
„Hallo, kleiner Stern! Bist du der Weihnachtsstern?“, flüstert Jürgen leise vor sich hin. Da der Weihnachtsstern, jedoch sogar in die Gedanken sehen kann und leises flüstern sehr gut versteht, antwortet er: „Ja, ich bin ein Weihnachtsstern. Nicht der, der über dem Stall von Bethlehem stand, aber einer, der in dieser Nacht auf den Feldern in Bethlehem das Geschehen miterlebte. Damals als die Engel die Botschaft zu den Hirten brachten.“ „Oh, so alt bist du schon? Dann kannst du mir doch sicher sagen, seit wann man Weihnachten feiert?“, erkundigte sich Jürgen, der nun gar nicht mehr müde war. „Das kann ich dir sagen“, antwortete der Stern. „Christi Geburt, feierten die Menschen bereits im 4. Jahrhundert. Papst Liberius legte es auf den 24. Dezember fest. Dieses Datum wechselte aber im Laufe der Jahrhunderte. Mal war es der 25. Dezember, aber auch der 6. Januar.“ Jürgen staunte, was der Stern ihm alles erzählte. „Als Weihnachten bezeichneten die Menschen das Fest jedoch erst im 12. Jahrhundert. Abgeleitet von der ‚geweihten Nacht‘.“ Die Augen des Jungen wurden immer größer. „Sag, kleiner Stern, seit wann gibt es denn Weihnachtsbäume? Das ist doch mit das Schönste, wenn die Lichter am Baum angezündet werden.“ „Weihnachtsbäume wurde im 16. Jahrhundert auf besonderen Plätzen der Stadt oder vor Kirchen aufgestellt. Wie auch in der Stadt Straßburg. Erst später zogen die Christbäume in die Stuben ein. Damals wurden sie an der Zimmerdecke aufgehängt. Erst im 18. Jahrhundert kommt es häufiger vor, dass sich Menschen Tannenbäume in die Wohnungen holen.“ Gab es da auch schon die schönen Kugeln und Kerzen, die ich so liebe?“, wollte der Junge nun wissen. „Nein“, erklärte der Stern, „Im 18. Jahrhundert wurde der Baum mit Äpfeln und Nüssen geschmückt. Später dann im 19. Jahrhundert, stellten die Familien den Baumschmuck selbst her. Strohsterne, gehörten dazu, aber auch Weihnachtsketten aus buntem Papier. Das Herstellen des Baumschmucks war eine besondere Freude in der Adventszeit.“ „Oh, das möchte ich auch. Ich bastele sehr gerne. Im Kindergarten haben wir auch für Weihnachten gebastelt“, erzählte Jürgen jetzt ganz begeistert. „Sag kleiner Stern, seit wann gibt es die Weihnachtskugeln?“, wollte Jürgen jetzt wissen. „Die Weihnachtskugeln wurden im 19. Jahrhundert in Thüringen, in Lauscha erfunden. Damals hatten die Glasbläser nur sehr wenig Geld zur Verfügung und so versuchte ein armer Glasbläser, seinen Baumschmuck selbst zu erstellen.“ „Das war eine tolle Idee!“, rief Jürgen begeistert. „Ja, das war eine gute Idee, denn der Glasschmuck für den Weihnachtsbaum zog nun um die ganze Welt.“ „Jetzt möchte ich aber noch wissen, seit wann Kerzen am Weihnachtsbaum leuchten, kleiner Stern. Kannst du mir das auch sagen?“ „In den vielen Jahrhunderten, in denen ich schon am Himmel entlang wandere, habe ich sehr viel gesehen und kann dir auch sagen, dass die ersten Kerzen aus Bienenwachs im 17. Jahrhundert in reichen Bürgerhäusern am Weihnachtsbaum leuchteten. Arme Familien konnten sich das nicht leisten. Darum gab es im 19. Jahrhundert Kerzen aus Talg und Paraffin, die preisgünstig waren. Kerzenhalter gab es erst, zum Ende des 19. Jahrhunderts. Bis dahin steckte man die Kerzen in den Zweigen fest. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es die ersten elektrischen Kerzen für die Christbäume.“ „Oh, ob ich das morgen früh noch alles weiß, um es Mutti zu erzählen“, sagte der Junge etwas nachdenklich. „Das ist jetzt gar nicht so wichtig“, schmunzelte der Weihnachtsstern. „Schlaf jetzt gut und träum von Weihnachten. Vielleicht besuche ich dich im nächsten Jahr wieder.“ „Das wäre schön“, flüsterte Jürgen im Einschlafen und drückte seinen neuen Teddy noch einmal so fest an sich. (Christina Telker)
Die Entdeckung
Elke saß auf der Couch, um sie herum lagen einige Backbücher, die sie im Laufe ihres Lebens gesammelt hatte. Die Adventszeit war wieder einmal, schneller als erwartet, in greifbare Nähe gerückt und es galt ein paar Rezepte für die Weihnachtsbäckerei herauszusuchen. Als sie noch so in ihre Gedanken versunken war, läutete das Telefon. Heike, ihre Tochter rief an. „Hast du schon angefangen Plätzchen zu backen?“, war ihre erste Frage. „Nein. Ich bin gerade dabei einige Rezepte herauszusuchen“; gab die Mutter zur Antwort. Jetzt folgte ein heiterer Austausch der unterschiedlichsten Anregungen, bis Elke sagte: „Weißt du noch? Kannst du dich noch erinnern? Sicher warst du damals zu klein. Oma verstand es hervorragen zu backen. Ihre Lebkuchen waren unübertroffen. Ich ärgere mich jedes Jahr aufs Neue, dass ich mir das Rezept nicht habe geben lassen. Erst als ich älter wurde, merkte ich schmerzhaft den Verlust. Ach, wenn ich diese Rezepte noch hätte!“ „Ach ja“, begann jetzt auch Heike zu schwärmen, „das wäre tolle. Du weißt, ich werde im nächsten Jahr ein kleines Café eröffnen. Den Raum habe ich jetzt auch schon gefunden. Wenn ich dort zur Weihnachtszeit etwas Besonderes anbieten könnte, dass es nirgends sonst gibt, das würde mir Kundschaft bringen. Aber ich denke, wir haben schon alles durchgesucht, damals als wir gemeinsam den Boden aufräumten.“ „Ja, leider“, bestätigte die Mutter.
Als das Telefonat beendet war, dauerte es noch ein Weilchen bis Elke wieder zu ihrem Vorhaben zurückkehren konnte. Die Erinnerung hatte sie gefangen genommen. Nach einer Tasse Tee, machte sie sich jedoch frohgemut weiter daran, die schönsten Rezepte herauszusuchen. Gegen Abend lag dann eine stattliche Anzahl von Rezepten vor ihr, die sie ausprobieren wollte. Elke musste lächeln, als sie an das eine Rezept dachte, dass in jedem Jahr zur Weihnachtsbäckerei gehörte. Es befand sich in einem alten Backbuch und nannte sich ‚Teufelsküsse‘, da sehr viel Schokolade dafür benötigt wurde. Da ihre Mutter aber vom Teufel keinen Kuss haben wollte, das Rezept jedoch großartig fand, gab sie dem Rezept einfach einen anderen Namen ‚Schokoknöpfe‘ und schon war es für sie kein Problem mehr sie zu backen. ‚Ach ja, wenn doch nur das Rezept der Großmutter noch da wäre. Ob es heute noch funktionieren würde? Viele Zutaten hatten sich verändert im Laufe der Zeit‘, so gingen Elkes Gedanken.
Als Heike zum Adventskaffee erschien, freute sie sich über die gelungenen Kreationen ihrer Mutter. „Möchtest du nicht zu mir ziehen?“, fragte sie in den letzten Jahren zum wiederholten Male. Immer hatte die Mutter abgelehnt. Es gab immer neue Gründe, die sie vorbrachte, um nicht ihren Heimatort zu verlassen. „Wenn ich dann im kommenden Jahr mein Kaffee eröffne, könntest du mir eine große Hilfe sein. So würdest du dich schnell einleben. Was meinst du, was wir alles gemeinsam schaffen könnten.“ Mutter und Tochter hatten sich schon immer gut verstanden. Die Idee mit dem Kaffee war verlockend, das musste Elke zugeben und was hielt sie wirklich noch hier, überlegte sie. „Ich werde es mir überlegen. Im Frühjahr komme ich mal vorbei und schau es mir an“, sagte sie nun zu ihrer Tochter. „Mutti! Das wäre großartig!“ Voll Jubel umarmte Heike ihre Mutter. Sie hatte schon nicht mehr daran geglaubt, die Mutter irgendwann überzeugen zu können. ‚Wie gut war doch die Idee, der Mutter mit dem Café noch einmal eine Aufgabe zu geben‘, dachte die junge Frau jetzt.
Wie versprochen, kam die Mutter Anfang März, um sich die Ideen ihrer Tochter anzusehen. Die Handwerker waren gerade dabei die Räume zu renovieren. Heike legte der Mutter ihre Entwürfe vor, wie sie sich das Café eines Tages vorstellen könnte. Mit einem Simulationsprogramm hatte sie alles selbst entworfen. Nun berieten die beiden Frauen und brachten gemeinsam ihre Ideen ein. Manches wurde verändert, anderes blieb so wie Heike es sich vorstellte. Am nächsten Tag gingen beide gemeinsam zu den Ämtern, um die noch erforderlichen Wege zu erledigen. In ihren Heimatort zurückgekehrt ging Elke schweren Herzens zum Makler, um ihr Haus zum Kauf anzubieten. Ein wenig Vorfreude auf das Neue, das nun auf sie wartete, war auch dabei, aber der Abschiedsschmerz überwog, immerhin war es ihr Elternhaus von dem sie sich nun verabschiedete. Schnell fand sich ein Käufer, bei dem Elke auch ein gutes Gefühl hatte und ihm gerne ihr Haus überließ. Schon bald begann sie mit dem Packen der Umzugskartons. Nach so einem langen Leben in einem Haus, galt es Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden. Nicht alles konnte mitgenommen werden.
Als der Mai Einzug hielt und die Bäume im Garten ihre ersten Blüten zeigten, hielt der Umzugswagen vor dem Haus. Als alles verladen war, gingen Mutter und Tochter noch einmal durch alle Räume um Abschied zu nehmen. Heike strich ab und zu liebevoll mit der Hand über die Wände. Als sie in der Küche angekommen waren, hielt sie plötzlich inne. Noch einmal berührte sie die gleiche Stelle, diesmal etwas intensiver. „Mutti, schau, hier ist was“, rief sie ihrer Mutter zu. „Was soll da schon sein? Früher hat man nicht so exakt gearbeitet. Wird eine leichte Unebenheit im Mauerwerk sein“, gab sie zur Antwort, kam aber noch einmal zurück, um sich die Stelle genauer zu betrachten, die die Tochter ihr zeigte. Jetzt strich auch sie mit der Hand darüber. Da war etwas, das spürte sie nun auch. Mit einem Messer lösten sie vorsichtig die Tapete und entdeckten eine kleine Tür, nicht größer als ein mittleres Schneidebrett. Mit einem Dietrich öffneten sie das Schloss und standen vor alten Schriften. Unterschiedliche Zettel und Hefte waren hier sorgfältig übereinander gestapelt. Behutsam nahm Elke den Stapel an Schriften aus dem Fach. Ein Jubelschrei entfuhr ihr, als sie die Handschrift ihrer Mutter erkannte. Wenig später wurde beiden Frauen klar, das waren die gesuchten Rezepte der Großmutter. Elke hielt den Stapel der Schriften an sich gedrückt. ‚Danke Mutter, für diesen letzten Gruß‘, dachte sie bei sich. Als daheim die Möbel wohnlich gestellt und das neue Zimmer eingerichtet war, machten sich die beiden Frauen in aller Ruhe daran die Rezepte zu sortierten. Nichts hielt sie davon ab in den nächsten Wochen, trotz sommerlicher Hitze, Lebkuchen zu backen. Immerhin mussten sie die Rezepte ausprobieren, um sie zur Adventszeit ihren Gästen anzubieten. Jedes einzelne Rezept wurde fein sortiert in eine Kartei eingegeben. Als sich die Frauen für die schmackhaftesten zehn Sorten entschieden hatten, meldeten sie diese zum Patent an.
Als dann im Spätherbst Großmutters Lebkuchen und Weihnachtstorten im Kaffee angeboten wurden, riss der Ansturm der Gäste nicht ab.
Schnell hatte sich herumgesprochen, dass es im Café „Großmutters Schatzkästchen“, besondere Naschereien für den Gaumen gab. Als die beiden Frauen am Heiligabend zur Christmesse gingen, dankten sie Gott für das Geschenk, das sie im letzten Moment in ihrem alten Haus entdecken durften. Voller Zuversicht blickten sie eine Woche später ins neue Jahr.
(Christina Telker)
Ein Licht zur Weihnacht
Abgelegen, in einem kleinen Dorf lebten einst zwei Kinder. In der Winterzeit pfiff hier der Wind ganz besonders scharf um die Ecken, da weit und breit keine Bäume waren, die diesen kleinen Häusern am Dorfrand, Schutz bieten konnten. So wuchsen Marie und Fritz ziemlich einsam auf. Die Eltern gingen bereits früh zur Arbeit aufs Feld, nur die Großmutter von Marie blieb daheim, um Haus und Hof zu versorgen. Auch Fritz war ein Einzelkind, nur das dort der Großvater die Obhut über Haus und Hof innehatte. In seiner Werkstatt fertigte er die schönsten geschmiedeten Gegenstände an, die er dann einmal im Monat in der Stadt auf dem Markt zum Kauf anbot. Fritz hatte Freude daran, dem Großvater bei seiner Arbeit zuzuschauen. ‚Wenn ich groß bin‘, nahm er sich oft vor, ‚möchte ich auch so schöne Dinge anfertigen wie mein Großvater.‘
Für die beiden Kinder war es fast, als wären sie Geschwister, wuchsen sie doch gemeinsam auf. Die Gärten beider Familien grenzten aneinander und waren durch eine Tür verbunden, so konnten die Kinder jederzeit zueinander, um miteinander zu spielen. Durch diese Freundschaft vermissten sie keine weiteren Spielkameraden, kannten sie es doch nicht anders. So verging Jahr um Jahr und die beiden Kinder freuten sich bereits auf die Schule, die im nächsten Jahr für beide beginnen würde. Nun stand jedoch erst einmal der Winter vor der Tür.
Welch ein Jubel, als die beiden am Morgen aus dem Fenster sahen und eine weiße Schneedecke auf Garten und Hof entdeckten. So schnell waren sie selten angezogen. Nur mit Mühe konnte die Großmutter Marie am Frühstückstisch halten. Kaum hatte sie den letzten Bissen im Mund, rannte sie bereits in den Flur, um ihre warmen Sachen anzuziehen und in den Garten zu stürmen. Fritz kam gerade in diesem Moment auch aus dem Haus. Die Kinder jubelten und ließen sich vor Übermut in den Schnee fallen. Dann beschlossen sie einen Schneemann zu bauen. Endlich war der Winter eingezogen und ihm folgte in wenigen Tagen die Adventszeit, auf die sich beide Kinder besonders freuten. Sie konnten es kaum erwarten morgens die Adventskalender zu öffnen, um die kleinen Bildchen zu betrachten, zu denen Maries Oma ihnen jeden Morgen eine kleine Geschichte erzählte.
Da die Adventszeit auch bekanntlich die Zeit der kleinen Überraschungen ist, saßen sie jetzt oft gemeinsam im Kinderzimmer, um kleine Geschenke für ihre Eltern und Großeltern zu basteln. Gerade hatte der Großvater sie mit einer Bienenwabe überrascht, die sie nun mit Genuss auslutschten. So ein Stückchen Wabe war doch einfach etwas Wunderbares, stellten sie immer wieder fest. Um sich von ihren Bastelarbeiten nicht weiter abhalten zu lassen, legten sie die ausgelutschten Waben auf den kleinen Ofen in Fritz seinem Zimmer. Über ihren Arbeiten hatten sie die Waben bald vergessen. Erst als sie voller Stolz ihre Werke betrachteten, dachten sie wieder an ihre Waben und gingen zum Ofen, um sie wegzuräumen. Welch einen Schreck bekamen die Kinder, als sie sahen, dass sich auf dem Ofen eine zähflüssige Masse ihren Weg bahnte. „Was ist das?“ Fritz sah staunend auf den Ofen. Marie schaute ebenso verwundert, wagte jedoch die Massen mit dem Finger anzutippen. Nach wenigen Momenten verfestigte sich der kleine Wachsfilm an ihrem Finger. „Wenn es abkühlt, wird es fest“, stellte Marie, in Gedanken versunken fest. Die Kinder holten den Teller vom Tisch und schabten vorsichtig die Massen auf den Teller. Fritz sah etwas verlegen auf den Rest, der sich immer noch auf dem Ofen befand. „Wenn der Ofen in der Nacht auskühlt, kannst du morgen früh den Rest entfernen“, tröstete Marie ihren kleinen Freund. Sie konnte die Finger nicht von der Masse lasse, die sich nun auf dem Teller befand. Mit der Zeit verfestigte sich diese und Marie begann damit zu spielen, sie knetete damit herum und entdeckte, dass man hieraus Figuren formen konnte. Als sie gerade eine Rolle daraus gefertigt hatte, stellte sie fest: „Sieh, das sieht doch fast aus wie eine Kerze!“ „Das stimmt“, bestätigte Fritz. „Nur der Docht fehlt noch“, stellte er fest. Wie ein Blitz schoss es den beiden Kindern durch den Kopf. „Das wird eine Kerze“, jubelten sie. Schnell holte Fritz einen Bindfaden aus seinem Schrank. Gemeinsam formten sie eine Weihnachtskerze. Doch wer sollte diese eine Kerze nun bekommen, überlegten die Kinder. Sie entschieden sich dann für den Großvater, dessen Bienenwabe ihnen diese Idee er gebracht hatte. Den Ofen säuberte Fritz am späten Abend, als er am Auskühlen war.
Wie staunte der Großvater über die Ideen der Kinder. Zukünftig fertigten sie jedes Jahr in der Adventszeit gemeinsam mit dem Großvater Bienenwachskerzen für beide Familien in der Werkstatt des Großvaters. An die erste Kerze dachten alle noch lange zurück. (Christina Telker)


