Ostern in den Fünfzigern

 

Nach langem Winter und strengem Winter war die Freude am ersten Grün besonders groß. Die Nachkriegsjahre waren gerade überstanden, mit Lebensmitteln musste jedoch noch sehr hausgehalten werden. Immerhin gab es alles nur auf Lebensmittelkarten (jedenfalls bei uns in der DDR). Zucker- und andere Marken waren so knapp berechnet, dass es gerade für das Notwendigste reichte. Um sich im HO Lebensmittel ohne Karten zu erwerben, dafür mangelte es an Geld. Und doch schaffte es meine Mutter jedes Jahr, ca. 14 Tage vor dem Fest mich mit einer besonderen Aufmerksamkeit zu erfreuen. Auf unserem Wohnzimmertisch stand dann plötzlich eine Glasschale mit Ostergras, in der Mitte saß ein kleiner Hase. Dieser Hase sorgte jeden Tag für eine kleine Überraschung. Entweder legte er ein Ei, oder eine andere österliche Süßigkeit. Ich entsinne mich da z.B. an Lämmchen aus Zuckerschaum. Sie waren niedlich anzusehen und schmeckten ganz toll. (Leider verlor sich dieses Zuckerschaumwerk dann in den Siebzigern auf dem Markt.) Kam dann das Osterfest, gingen die Kinder am frühen Morgen von Tür zu Tür mit Birkenreisig, das nannte man Osterstiepen. Nach einem kleinen Spruch, „stiepe, stiepe Osterei, gibst du mir kein Osterei, stiep ich dir den Rock entzwei“ bekamen die Kinder österliches Naschwerk oder ein buntes Ei ausgehändigt. Wer besonders fleißig im Stiepen war, hatten in kurzer Zeit seinen Korb gut gefüllt. In den Städten haben sich diese netten Osterbräuche verloren. Für mich ist es bis heute eine schöne Kindheitserinnerung geblieben.

 

Frühlingsbeginn

 

In meiner Kindheit zog sich der Winter von November bis in den März hinein. Natürlich genossen wir das herumtollen im Schnee, noch mehr jedoch sehnten wir uns nach langem Winter dann nach dem Frühling. Da ich sozusagen direkt in der Natur wohnte, bekamen wir Kinder dies auch hautnah mit. Sicher wesentlich mehr als Stadtkinder. Wir entdeckten das erste grüne Hälmchen, das erste Blümchen. Nur wenige Meter von unserem Haus entfernt begann der Wald, ein sehr schöner Wald, in dem es einen Turm gab. Dieser Turm, die Sagen um den Ritter Uchtenhagen zogen uns Kinder besonders an. Natürlich verboten uns unsere Eltern beim Turm zu spielen. Es waren die Nachkriegsjahre und entflohene Russen trieben sich zur Genüge in den Wäldern herum. Unsere Eltern sahen dies als Gefahr, wir Kinder überhörten die Warnung und spielten am liebsten bei unserem Turm. Dort gab es Frühlingsblumen in Hülle und Fülle. Lila leuchtete der Veilchenteppich, hellblau die Leberblümchen und am Fuße des Berges, etwas später, ein weißer Teppich von Anemonen (Buschwindröschen). Uns zogen diese herrlichen Waldlichtungen magisch an. Kaum war ein Sträußchen verblüht, brachte ich meiner Mutter einen Neuen. Natürlich erfuhr sie dadurch auch immer, dass wir doch bei dem Turm waren, das wurde dann lächelnd ignoriert. Wenn ich heute in der Frühlingszeit dort spazieren gehe (kommt leider nur alle paar Jahre mal vor, da ich nicht mehr dort wohne) sieht man nur ganz vereinzelt noch ein Blümchen am Wegesrand. Es ist wie so vieles eine liebe Kindheitserinnerung geblieben. Der Turm steht nach wie vor, ist sogar als Touristenpunkt ausgebaut.

Ostern

Lange schon sehnen wir uns nach etwas Wärme, den ersten zarten Halmen die sich durchs Erdreich drücken. Als Kinder suchten wir nach den ersten Annemonen, Veilchen oder Leberblümchen. Nun will der Lenz uns grüßen..“ war ein Lied das uns in jeder Frühlingszeit begleitete.

 

  1. Nun will der Lenz uns grüßen,

von Mittag weht es lau;

aus allen Wiesen sprießen

die Blumen rot und blau.

Draus wob die braune Heide

sich ein Gewand gar fein

und lädt im Festtagskleide

zum Maientanze ein.

 

  1. Waldvöglein Lieder singen,

wie ihr sie nur begehrt;

drum auf zum frohen Singen,

die Reis` ist Goldes Wert.

Hei, unter grünen Linden,

da leuchten weiße Kleid!

Heija, nun hat uns Kinden

ein End all Wintersleid.

 

Worte und Weise: altes Reigenlied

 

 Wir lauschen früh dem Vogelsang wenn wir aus der Tür treten oder das Fenster öffnen. Denn unsere gefiederten Freunde spüren das Frühlingserwachen viel eher als wir. In die ersten Vorfrühlingszeit fällt in jedem Jahr zwischen dem 22.März und dem 25. April das Osterfest. In unserer Kindheit wurde, wie vor dem Weihnachtsfest, die vorösterliche Zeit mit der Vorbereitung aufs Osterfest festlich begangen. Heute liegen zwar bereit Ende Januar die gefärbten Eier im Supermarktregal, doch ist die Einstimmung und Vorbereitung aufs Osterfest in den Hintergrund dem täglichen Stress gewichen. Und man beschränkt sich aufs Eierfärben und Suchen zum Fest. Dem möchte ich mit meinen Osterseiten ein klein wenig entgegen treten. Um den Sinn des Osterfestes, regionale Bräuche und auch einfach Unterhaltsames nicht ganz zu vergessen.

 

Ein Ostertag

Schon am frühen Morgen des Ostersonntags weckten uns die Kirchenglocken. Es war ein wunderschönes Gefühl, der Gedanke „heute ist Ostern“. Das gute Sonntagkleid lag schon bereit und schon das alleine gab uns Kindern ein besonders festliches Empfinden.

  • Heute ist es selbstverständlich, seine Kleidung Werktags wie Sonntag zu tragen. Man zieht einfach an, was gefällt und wo man Lust drauf hat. Man hat ja den Schrank voller Garderobe. Damals wurde ein großer Unterschied zwischen Sonntags- und Alltagskleidung gemacht. Meist hatte man nur 1 Mal zum Wechseln. –

Der Morgen graute kaum, waren auch schon die Nachbarskinder mit ihren Osterkörben da, um zu stiepen. Meine Eltern hatten schon am Abend hierfür einige Süßwaren bereitgelegt. Desto länger man uns Kinder auf die Leckereien warten ließ, desto mehr Hiebe teilten wir mit den Birkenruten aus. So waren die meisten Eltern bemüht, dieses Spiel bald zu beenden. Dies war auch nötig, da man möglichst viele Nachbarn am frühen Morgen besuchen wollte, um am Ende das Körbchen recht gefüllt zu haben.

Nun ging es nach einem besonderen Osterfrühstück, bei dem der Tisch festlich gedeckt war, in die Kirche. Auch den Ostergottesdienst empfanden wir als besonders schön und festlich.

Nach dem Mittagessen ging es gemeinsam auf die Wiese. Bei uns grenzte direkt an den Waldrand, wo wir wohnten, eine große Wiese, die in ihrer Gesamtheit leicht abfiel. Sie eignete sich besonders gut zum Eiertrudeln. Wessen Ei (gekochtes Hühnerei) am weitesten kullerte und dabei nicht kaputtging, war Sieger.

Auf dieser Wiese versteckte dann auch der Osterhase seine Eier, die wir gemeinsam suchten.

Garten der Poesie 0