Der Caucasus 

 

Mir zu Häupten Wolken wandeln,

Mir zur Seite Luft verwehet,

Wellen mir den Fuß umspielen,

Thürmen sich und brausen, sinken. –

 Meine Schläfe, Jahr' umgauklen,

 Sommer, Frühling, Winter kamen,

Frühling mich nicht grün bekleidet,

Sommer hat mich nicht entzündet,

Winter nicht mein Haupt gewandelt.

Hoch mein Gipfel über Wolken

Eingetaucht im ew'gen Äther

 Freuet sich des steten Lebens.

 Karoline von Günderrode (1780 - 1806

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Sommer

 

Sieh, wie sie leuchtet,

 Wie sie üppig steht,

Die Rose – Welch satter Duft zu dir hinüberweht!

 Doch lose

 Nur haftet ihre Pracht – Streift deine Lust sie,

 Hältst du über Nacht

 Die welken Blätter in der heißen Hand …

 Sie hatte einst den jungen Mai gekannt

Und muss dem stillen Sommer nun gewähren –

Hörst du das Rauschen goldener Ähren?

Es geht der Sommer über's Land …

Thekla Lingen (1866 - 1931)

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O wonnigliche Reiselust,

 an dich gedenk ich früh und spat!

 Der Sommer naht, der Sommer naht,

Mai, Juni, Juli und August, da quillt empor,

 da schwillt empor das Herz in jeder Brust.

 

Ein Tor, wer immer stille steht,

drum Lebewohl und reisen wir!

Ich lobe mir, ich lobe mir die Liebe,

die auf Reisen geht!

 Drum säume nicht und träume nicht,

 wer meinen Wink versteht.

August von Platen-Hallermünde (Graf Platen) (1796 - 1835)

Der Sommer Neu

 

Wenn dann vorbei des Frühlings Blüte schwindet,

So ist der Sommer da, der um das Jahr sich windet.

Und wie der Bach das Tal hinuntergleitet,

So ist der Berge Pracht darum verbreitet.

Dass sich das Feld mit Pracht am meisten zeiget

, Ist, wie der Tag, der sich zum Abend neiget;

 Wie so das Jahr verweilt, so sind des Sommers Stunden

 Und Bilder der Natur dem Menschen oft verschwunden.

 Friedrich Hölderlin

kirche

 

Dorfkirche im Sommer

 

 Schläfrig singt der Küster vor,

Schläfrig singt auch die Gemeinde,

Auf der Kanzel der Pastor

 Betet still für seine Feinde.

 

Dann die Predigt, wunderbar,

Eine Predigt ohne Gleichen.

Die Baronin weint sogar Im Gestühl,

 dem wappenreichen.

 

Amen, Segen, Thüren weit,

Orgelton und letzter Psalter.

 Durch die Sommerherrlichkeit

Schwirren Schwalben, flattern Falter.

Detlev von Liliencron (1844 - 1909

 Der Sommer

 

 Wenn dann vorbei des Frühlings Blüte schwindet,

 So ist der Sommer da, der um das Jahr sich windet.

Und wie der Bach das Tal hinuntergleitet,

So ist der Berge Pracht darum verbreitet.

Dass sich das Feld mit Pracht am meisten zeiget,

Ist, wie der Tag, der sich zum Abend neiget;

Wie so das Jahr verweilt, so sind des Sommers Stunden

Und Bilder der Natur dem Menschen oft verschwunden.

Friedrich Hölderlin (1770 - 1843)

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